Song information On this page you can find the lyrics of the song Die Eisenbahnballade, artist - Reinhard Mey. Album song Balladen, in the genre Поп
Date of issue: 31.12.1987
Record label: Electrola, Universal Music
Song language: Deutsch
Die Eisenbahnballade(original) |
Ein dichter Nebel senkte sich auf die große, fremde Stadt |
Ein langer Arbeitstag lag hinter mir, ich war abgespannt und matt |
Zu müde für die Autobahn, zu spät für den letzten Flug |
Doch ich wollte nach Haus |
Und da fand ich heraus |
Gegen Mitternacht ging noch ein Zug |
Es blieb noch etwas Zeit, ich wußte nicht wohin, so stand ich am Bahnhof herum: |
Einem Prunkbau aus längst vergangener Zeit, Drängeln, Suchen und Schieben |
ringsum |
Ich sah die Reisenden, die Wartenden und die Gestrandeten der Nacht |
So viel Gleichgültigkeit |
So viel Jammer und Leid |
Unter so viel kalter Pracht |
Ich trat auf den offenen Bahnsteig hinaus, die naßkalte Luft hielt mich wach |
Ich fröstelte, schlug meinen Kragen hoch und sah meinem Atem nach |
Aus der Dunkelheit schwebten überm Gleis drei Lichter, mein Zug fuhr ein |
Eine Wagentür schlug |
Es war warm in dem Zug |
Und ich war im Abteil ganz allein |
Lautlos fuhren wir an, und die Lichter der Stadt versanken in milchigem Brei |
Und immer schneller flogen erleuchtete Fenster und Vorstadtbahnhöfe vorbei |
Noch ein Bahnübergang, ein paar Scheinwerfer, und die Welt da draußen verschwand |
Mein Abteillicht fiel in weiß |
Auf den Schotter am Gleis |
Und ich ahnte das dunkle Land |
Und durch die Dunkelheit drang |
Der monotone Klang |
Der Räder auf dem Schienenstrang |
Ein einsamer Gesang |
Den stählernen Weg entlang |
Vorn an der Trasse standen sie, die Haut wettergegerbt |
Mit ihren Spaten hatten sie Adern ins Land gekerbt |
Mit Hacken und mit Hämmern hatten sie Berge bewegt |
Und Schwellen über Schotter und darauf Schienen gelegt |
In bittrem Frost, sengender Glut, in Regen, Tag für Tag |
Nachts einen Strohsack auf dem Boden im Bretterverschlag |
Und wieder auf beim Morgengrau’n für jämmerlichen Lohn |
Und noch ein neues Vermögen mehr für den Stahlbaron |
Und bald fauchte das Dampfroß funkensprühend durch das Land |
Manch neue Industrie und manch Imperium entstand |
Manch unschätzbarer Reichtum, doch an jedem Meter Gleis |
Jeder Brücke, jedem Tunnel klebten Tränen, Blut und Schweiß |
Die Eisenbahn trug Fortschritt, technische Revolution |
In jedem Winkel, bis in die entlegenste Station |
Trug Güter von den Seehäfen bis an den Alpenrand |
Verband Menschen und Städte und trug Wohlstand in das Land |
Doch der großen Erfindung haftet stets die Tragik an |
Daß sie dem Frieden, aber auch dem Kriege dienen kann |
Endlose Rüstungszüge rollten bald schon Tag und Nacht: |
Kriegsgerät und Kanonen war’n die vordringliche Fracht |
Schon drängte sich auf Bahnhöfen siegesgewiß das Heer |
Den Jubel auf den Lippen und mit Blumen am Gewehr |
In fahnen- und siegesparol’n behangene Waggons |
Nach Lemberg oder Lüttich, nach Krakau oder Mons |
Im Trommelfeuer von Verdun erstarb der Siegeswahn |
Aus Zügen wurden Lazaretts, und diesmal sah die Bahn |
Den Rückzug der Geschlagenen und — den Kriegsherren zum Hohn — |
Im Waggon im Wald von Compiègne, die Kapitulation |
Millionen Tote auf den Schlachtfeldern, sinnloses Leid |
Wer heimkehrte, fand Elend, Not und Arbeitslosigkeit |
Doch auf dem Boden des Zusammenbruchs gediehen schon |
Die Schieber und die Kriegsgewinnler, die Spekulation |
Aber es sproß auch aus den Wirr’n verstrickter Politik |
Der zarte, schutzbedürft'ge Halm der ersten Republik |
Doch Kleingeist, Dummheit und Gewalt zertrampelten ihn gleich |
Mit Nagelstiefeln auf dem Weg ins Tausendjähr'ge Reich |
Die Unmenschen regierten, und die Welt sah zu und schwieg |
Und wieder hieß es: «Räder müssen rollen für den Sieg!» |
Und es begann das dunkelste Kapitel der Nation |
Das dunkelste des Flügelrades: Die Deportation |
In Güterwaggons eingeschlossen, eingepfercht wie Vieh |
Verhungert und verzweifelt, nackt und frierend standen sie |
Hilflose Frau’n und Männer, Greise und Kinder sogar |
Auf der bittren Reise, deren Ziel das Todeslager war |
Dann aber brach der Zorn der Gedemütigten herein |
Kein Dorf blieb da verschont, da blieb kein Stein auf einem Stein |
Und Bomben fielen, bis das ganze Land in Flammen stand |
Die Städte ausradiert war’n und der Erdboden verbrannt |
Der Krieg war mörderischer als jemals ein Krieg zuvor |
Und schwer gestraft das Volk, das ihn frevelnd heraufbeschwor |
In Trümmern und Ruinen strichen sie hungernd umher |
Die Überlebenden, die Ausgebombten, nichts ging mehr |
Und immer längere Flüchtlingstrecks kamen Tag für Tag |
Und irrten durch ein Land, das unter Schutt und Asche lag |
Der Überlebenswille zwang sie, nicht zu resignier’n |
Die Aussichtslosigkeit, das Unmögliche zu probier’n: |
Noch aufzuspringen, wenn irgendwo ein Hamsterzug ging |
Wenn an den Waggontür'n schon eine Menschentraube hing |
Ein Platz auf einem Puffer, einem Trittbrett bestenfalls |
Mit Hoffnung auf ein bißchen Mehl, Kartoffeln oder Schmalz |
Was auf dem Bahndamm lag, wurde von Kindern aufgeklaubt |
Und manch ehrlicher Mann hat manchen Kohlenzug beraubt |
Und dann kamen die Züge mit den Heimkehrern besetzt |
Verwundet und zerschunden, abgerissen, abgewetzt |
Wie viele Dramen spielten sich auf den Bahnsteigen ab! |
Suchen und Freudentränen, wo’s ein Wiedersehen gab |
Warten, Hoffen und Fragen, wird er diesmal dabei sein? |
Viele kamen vergebens, und viele gingen allein |
Zerschoss’ne Loks und Wagen wurden recht und schlecht geflickt |
Und auf ein abenteuerliches Schienennetz geschickt |
Und der Puls begann zu schlagen, und aus dem Nichts entstand |
Mit Hoffnungen und Träumen beladen, ein neues Land |
Und durch das Morgengrau’n drang |
Der monotone Klang |
Der Räder auf dem Schienenstrang |
Ein schwermütiger Gesang |
Den stählernen Weg entlang |
Das Rattern der Räder über eine Weiche rief mich in die Gegenwart |
Übernächtigt war ich aufgewacht, ich war fast am Ziel meiner Fahrt |
Ich rieb mir die Augen und räkelte mich, das Neonlicht schien fahl |
Und im leeren Raum |
Zwischen Wachen und Traum |
Sah ich sie noch einmal: |
Der Adler, der Fliegende Hamburger, die Preußische P 8 |
Und die sagenumwobene O5 fauchten vor mir durch die Nacht |
Ein Gegenzug auf dem Nachbargleis riß mich aus den Träumen heraus |
Ein Blick auf die Uhr |
Zehn Minuten nur |
Und zum Frühstück wär' ich zu Haus |
Draußen konnt' ich für Augenblicke in erleuchtete Fenster sehn |
Sah die Menschen auf dem Weg zur Arbeit auf den Vorstadtbahnhöfen steh’n |
Sah die Scheinwerfer der Autos vor den Schranken am Bahnübergang |
Und eine Hoffnung lag |
Über dem neuen Tag |
Und in dem Sonnenaufgang |
(translation) |
A dense fog descended on the large, strange city |
A long day's work lay behind me, I was exhausted and exhausted |
Too tired for the freeway, too late for the last flight |
But I wanted to go home |
And that's when I found out |
Around midnight there was another train |
There was still some time, I didn't know where to go, so I stood around at the train station: |
A magnificent building from a bygone era, pushing, searching and pushing |
all around |
I saw the travellers, the waiters and the stranded of the night |
So much indifference |
So much misery and suffering |
Beneath so much cold glory |
I stepped out onto the open platform, the damp, cold air keeping me awake |
I shivered, turned up my collar and watched my breath |
Three lights floated out of the darkness above the track, my train pulled in |
A car door slammed |
It was warm on the train |
And I was all alone in the compartment |
We drove away silently, and the city lights sank into a milky mush |
And lighted windows and suburban train stations flew by faster and faster |
Another level crossing, a few headlights, and the world outside was gone |
My compartment light fell in white |
On the gravel at the track |
And I sensed the dark land |
And penetrated through the darkness |
The monotonous sound |
The wheels on the track |
A lonely song |
Along the steel path |
They stood at the front of the track, their skin weather-beaten |
They had notched veins in the land with their spades |
They had moved mountains with pickaxes and hammers |
And sleepers laid over gravel and rails on them |
In bitter frost, scorching embers, in rain, day after day |
A straw mattress on the floor in the wooden shack at night |
And up again at dawn for a miserable reward |
And another new fortune for the Steel Baron |
And soon the steam steed was hissing through the land, spraying sparks |
Many a new industry and empire arose |
Some priceless wealth, but on every meter of track |
Tears, blood and sweat stuck to every bridge and tunnel |
The railroad carried progress, technical revolution |
In every corner, down to the most remote station |
Carried goods from the seaports to the edge of the Alps |
Connected people and cities and brought prosperity to the land |
But the tragedy is always attached to the great invention |
That it can serve peace, but also war |
Endless trains of armor were soon rolling day and night: |
War equipment and cannons were the priority cargo |
The army was already thronging at the railway stations, confident of victory |
The cheers on the lips and with flowers on the gun |
Wagons draped in flags and slogans of victory |
To Lemberg or Liège, to Kraków or Mons |
The madness for victory died in the drumfire of Verdun |
Trains became hospitals, and this time the train saw |
The retreat of the defeated and—to taunt the warlords— |
In the wagon in the Compiègne forest, the capitulation |
Millions dead on the battlefields, senseless suffering |
Those who returned found misery, poverty and unemployment |
But on the bottom of the collapse already prospered |
The smugglers and the war profiteers, the speculation |
But it also sprouted from the confusion of entangled politics |
The tender blade of the first republic, in need of protection |
But small-mindedness, stupidity and violence trampled him down immediately |
With nailed boots on the way to the thousand-year Reich |
The monsters ruled and the world looked on and was silent |
And again it was said: "Wheels have to roll for victory!" |
And the nation's darkest chapter began |
The darkest of the impeller: The deportation |
Locked in boxcars, penned up like cattle |
They stood starved and desperate, naked and freezing |
Helpless women and men, old people and even children |
On the bitter journey whose destination was the death camp |
But then the wrath of the afflicted broke out |
No village was spared, there was not a stone on a stone |
And bombs fell until the whole country was ablaze |
The cities were erased and the ground burned |
The war was deadlier than any war before |
And severely punished the people who wickedly conjured him up |
They roamed about starving in the rubble and ruins |
The survivors, the bombed out, nothing worked anymore |
And longer and longer treks of refugees came day after day |
And wandered through a country that lay under rubble and ashes |
The will to survive forced her not to give up |
The hopelessness of trying the impossible: |
Still jumping up when a hamster train went somewhere |
When there was already a crowd of people hanging on the wagon doors |
A place on a buffer, a running board at best |
Hoping for a little flour, potatoes or lard |
What was on the railway embankment was picked up by children |
And many an honest man has robbed many a coal train |
And then the trains came full of people returning home |
Wounded and battered, torn down, scuffed |
How many dramas were played out on the platforms! |
Searching and tears of joy where there was a reunion |
Waiting, hoping and asking, will he be there this time? |
Many came in vain and many went alone |
Shot-up locomotives and wagons were patched up badly and badly |
And sent on an adventurous rail network |
And the pulse began to beat, and out of nothing came into being |
Loaded with hopes and dreams, a new land |
And penetrated through the dawn |
The monotonous sound |
The wheels on the track |
A mournful song |
Along the steel path |
The rattling of the wheels over a switch called me to the present |
I woke up bleary-eyed, I was almost at my destination |
I rubbed my eyes and stretched out, the neon light faint |
And in empty space |
Between waking and dreaming |
I saw her again: |
The eagle, the flying hamburger, the Prussian P 8 |
And the legendary O5 hissed through the night in front of me |
A train in the opposite direction pulled me out of my dreams |
A look at the clock |
Ten minutes only |
And I'd be home for breakfast |
Outside I could see into the lighted windows for a moment |
Saw people standing in suburban train stations on their way to work |
Saw the headlights of the cars in front of the barriers at the level crossing |
And there was hope |
About the new day |
And in the sunrise |