| Ein geräusch — er wird wach, und er fragt sich «wieso?»
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| 6 uhr 35, gute-laune-radio
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| Sein tag beginnt, und er wird so sein wie alle tage sind
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| Denn sein weg ist immer gerade, und es bläst kein gegenwind
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| Erst geht er duschen, dann geht er zähneputzen
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| Dann rasieren und dann das aftershave von weihnachten benutzen
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| Dann gießt er kaffee in die tasse, in die er ihn jeden morgen gießt
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| Dann nimmt er sich die zeitung, die er jeden morgen liest
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| Und dann steigt er in sein auto — wie immer
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| Und dann fährt er ins büro — wie immer
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| Dann sitzt er an seinem tisch — wie immer, wie immer
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| Keine veränderung, es wird nicht besser und nicht schlimmer
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| Der acht-stunden-arrbeitstag nimmt so seinen lauf
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| Er kopiert und notiert und schreibt wichtige sachen auf
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| Und er macht und er tut, und dann ist es siebzehn dreißig
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| Dann kann er nach hause gehen, denn er war heut wirklich fleißig
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| Zuhause angekommen, zieht er seine hausschuhe an
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| Nimmt die fernbedienung und dann ist der fernseher dran
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| Erst gibt’s einen film und dann gibt es ein paar serien
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| Mit sonne, schönen menschen; |
| ist ja fast so gut wie ferien
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| Dann legt er sich ins bett, und er macht sich keine sorgen
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| Denn heute war wie gestern und gestern war wie morgen
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| Das war müller nachname und vorname karl
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| Und er ist optimal geschmacksneutral
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| Herr meyer liest seit ungefähr 5 jahren keine zeitungen mehr
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| Doch mag er modellbauanleitungen sehr
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| Es wäre eher’n wunder, wenn man ihm begegnete
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| Im wahllokal, obwohl’s den ganzen tag regnete
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| Segnete gott den knaben mit besonderen gaben
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| Muß dieser sie wieder verloren haben
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| Umso farbenfroher ist sein job als beamter
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| Eigentlich ist er kleinlich, doch manchmal verschlampt er
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| Auch akten — die sind dann plötzlich unauffindbar
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| Zum glück ist er als staatsangestellter unkündbar
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| Herr günther meyer, im prinzip nicht unbeliebt
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| Allerdings, wer merkt denn auch schon, daß es ihn überhaupt gibt
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| Er schiebt mehr so die ruhige kugel
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| Haßt den ganzen jubel und trubel
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| Hätt für sowas gern ein double
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| Der rubel rollt, auch ohne sein zutun
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| Wenn er sich einmischte, wem würde das guttun?
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| Gudrun, die meint auch: «schuster, bleib bei deinen leisten!»
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| Den leuten gehts doch gut, zumindest den meisten
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| Was draußen in der welt geschieht ist ihm egal
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| Er ist optimal geschmacksneutral!
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| Nun, wir sind aber noch nicht fertig, wenn ihr herrn schmidt noch nicht kennt
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| Der mann der kompetent jedem trend nachrennt, keinen trend verpennt
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| Er findet heute richtig scheiße, was er gestern prima fand
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| Er findet heute richtig scheiße, worauf er gestern noch stand
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| Anhand von modemagazinen sucht er seinen stil
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| Erstens sieht er aus wie alle und zweitens kostet das sehr viel
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| Heute mag er grunge und morgen techno
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| Er hört die ganzen charts rauf und runter, den dreck, so
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| Daß herr schmidt zwar fit, gerade in der hitparade ist
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| Den mist konsumiert und dann vergißt
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| Er die lieder wieder und auch seine klamotten
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| Es ist ihm eben wichtig, in der disco abzuhotten
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| Wie die motten das licht und die pickel das gesicht
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| Zielsicher und dumm schwirrt er herum und besticht
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| Wieder mal durch unauffälligkeit. |
| Wie ich das hasse!
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| Eins-zwei-einheitsbrei. |
| Er findet’s richtig klasse!
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| Farb- und geschmacklos, noch blasser als stilles wasser
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| Es war abscheulich, als ich ihn neulich auf der straße traf sagte ich ich hätte
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| da nen tipp
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| In den staaten wären jetzt sandalen richtig hip
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| Heute sah ich ihn wieder, er stand grad am hallenbad
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| In lederschlappen bei schlappen minus 14 grad
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| So struntzdumm zu sein, wär für mich ja eine qual
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| Er ist eben optimal geschmacksneutral |