| Als kleines Mädchen — im Kinderheim
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| Lehrte man mich brav und fromm zu sein
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| Ich betete abends doch schlief ich nicht ein
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| Ich lauschte nach nebenan
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| Denn — im anderen Schlafsaal hat man gelacht
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| Sie rauchten und haben nur Unsinn gemacht
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| Da dachte ich manchmal, wenn in der Nacht
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| ihr Kichern herüberklang:
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| Die Sünder sind besser dran!
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| Als ich dann älter war, warf ich schon manchen Blick
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| Auf die wilden Burschen mit der Rockmusik
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| Sie pfiffen mir nach, doch sie hatten kein Glück
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| — man hatte mich ja gewarnt!
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| Aber meine Freundin, die lachte mich aus
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| Sie kletterte abends aus dem Fenster raus
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| Sie tanzte und ging nie allein nach Haus
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| Und strahlte mich morgens an
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| Die Sünder sind besser dran!
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| Auf meiner ersten Party —
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| versuchte einer mich zu küssen
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| Ich sagte «Nein"zu ihm
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| weil es verboten schien
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| Doch in der Nacht weinte ich
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| vor Kummer laut in mein Kissen —
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| Es ist schon lange her
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| Doch so wie damals
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| war es niemals mehr
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| Man sagt, dass der Himmel die Braven belohnt
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| Dass er die Sünder bestrafe und die Frommen verschont —
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| Ich selbst war das so zu denken gewohnt
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| Bis ich verstehen begann
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| Die Sünder sind besser dran!
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| Doch eines Tages, als die Chance
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| Sich ergab, da wollte ich es wissen —
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| Ich sagte endlich «Ja»
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| Und fand die Sünde
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| Einfach wunderbar
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| Ich weiss, ich weiss
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| So etwas sagt man nicht —
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| Weil sonst die Moral zusammenbricht
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| Doch wenn auch fast keiner darüber spricht
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| So mancher ahnt es schon lang:
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| Die Sünder sind besser dran! |