Über Sterblichkeit zu reden, gilt für viele als Tabu
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Ich gehe dem nicht aus dem Weg, äußere mich dazu
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Dass ich mich vor dem Sterben fürchte, kann ich so nicht sagen
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Vielleicht ja, ich weiß es nicht, fühle mich jetzt grad nicht bedroht
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Habe auch keine Zeit für Ängste, suche auf ganz andre Fragen
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Antworten und jetzt singe ich euch mein Lied vom Tod
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Nein, ich will euch noch nicht vrlassen
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Doch mich mit der Endlichkeit
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Mal gdanklich zu befassen
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Wird für mich so langsam Zeit
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Nehmen wir mal an, ich würde — so wie Gunter Sachs — dement
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Müsste ich den Mut aufbringen, den entscheidenden Moment
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Mir die Kugel zu geben, nicht noch so weit rauszuschieben
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Dass ich es vergesse. |
Zwar wäre mir dann alles egal
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Doch die Verantwortung, die Sorge um mein Wohlergehn, sie blieben
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An meiner Familie hängen und am Pflegepersonal
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Dass man sich die Glock 17 tief in den Rachen schiebt
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Ist als Suizid-Methode weit verbreitet und beliebt
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Durch die Nase atmen, Lippen um den Lauf geschlossen
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Robespierre, zum Beispiel, hat mit 'nem schlampig aufgesetzten Schuss
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Glatt sein Hirn verfehlt und sich den Unterkiefer weggeschossen
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Wurde ohne Kinn geköpft, voll bei Bewusstsein bis zum Schluss
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Nein, ich will euch noch nicht verlassen
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Doch mich mit der Endlichkeit
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Mal gedanklich zu befassen
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Wird für mich so langsam Zeit
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Wollen wir uns meine inneren Organe kurz ansehn
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Zum Teil noch gut erhalten, was soll damit mal geschehn?
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Super Leberwerte, hänge auch nicht mehr so an der Pulle
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Wie früher. |
Schade, war irgendwie doch auch 'ne schöne Zeit
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Herz und Kreislauf, meint der Doktor, wie ein junger Bulle
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Sterbe sicher mal gesund, aber noch ist es nicht so weit
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Habe vierzig Jahre lang achtzig Gitanes am Tag geraucht
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Schwarz, filterlos auf Lunge, die hat nicht mal lang gebraucht
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Sich zu erholen, seit ich clean bin, weil ich wohl als Sänger
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Schon von Haus aus reichlich Puste habe. |
Könnte aber sein
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Dass Spätfolgen nicht auszuschließen sind. |
Leb' ich dann länger
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Kriege ich vielleicht mit 130 noch ein Raucherbein
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Ihr meint bestimmt, der ruft doch, gibt er weiterhin so an
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Damit nur kriminelle Organhändler auf den Plan
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Nichts ahnend machst du abends — alles schon vorgekommen —
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Bei 'ner Rentnerparty «Rock am Stock» noch kräftig einen drauf
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Wachst am nächsten Morgen mit 'nem Filmriss und total benommen
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In 'ner Badewanne voller Eis ohne Nieren wieder auf
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Nein, ich will euch noch nicht verlassen
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Doch mich mit der Endlichkeit
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Mal gedanklich zu befassen
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Wird für mich so langsam Zeit
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Egal auf welchem Friedhof, soll mein Name auf dem Stein
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Über meiner letzten Ruhestätte eingemeißelt sein
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So, wie die Menschenmassen mit ihren Blumengebinden
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Zu Jim Morrison pilgern, oder zu Elvis Presleys Grab
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Sollen meine Fans auch meine Gruft jederzeit wieder finden
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Noch Jahrzehnte, nachdem ich den Löffel abgegeben hab
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Habe zwar mein Leben lang politisch links gedacht, und doch
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Trete ich ganz zum Schluss, in meiner Todesstunde noch
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Der NPD bei. |
Ich will in meinen letzten Sekunden
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Noch das Triumphgefühl auskosten, dass ich jetzt eben grad
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Als einer von diesen rechtsradikalen Schweinehunden
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Abkratze, und nicht als aufrechter linker Demokrat
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Nein, ich will euch noch nicht verlassen
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Doch mich mit der Endlichkeit
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Mal gedanklich zu befassen
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Wird für mich so langsam Zeit
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Statt sang- und klanglos abzutreten, könnte ich mit einem Knall
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Die Tür zuschlagen. |
Hab' mich auch bei al-Qaida für den Fall
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Um 'ne Festanstellung bemüht als Selbstmordattentäter
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Die Absage könnte auch gut von einem deutschen Unternehmen sein:
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«Leider stellen wir zu keinem Zeitpunkt, weder jetzt noch später
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Selbstmordattentatsbewerber über fünfundfünfzig ein.»
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Habe all die Probleme, anstatt sie zu lösen, nur gestreift
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Lose Gedankenfetzen, zu keinem Entschluss gereift
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Fragen sind hier nicht beantwortet. |
Themen nur angerissen
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Die Zeit vergeht, und mir bleibt nur noch eine gewisse Frist
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Um zu regeln, was zu regeln ist. |
Gesichert nur das Wissen
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Dass mein Lied vom Tod hiermit wohl noch nicht zu Ende ist
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Nein, ich will euch noch nicht verlassen
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Doch mich mit der Endlichkeit
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Mal gedanklich zu befassen
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Wird für mich so langsam Zeit |